Lehren
Eine Auswahl wesentlicher Lehren:
- Die Bibel ist das unverfälschte, wahre und perfekte Wort Gottes, vom ersten bis zum letzten Buch. Ausnahme: die falschen Religionen haben angeblich den Namen Gottes (Jehova) aus der Bibel entfernt. Die Bibelübersetzung der Wachtturmgesellschaft korrigiert diesen Fehler.
- Gottes Name ist Jehova (YHVH, Jahwe), und es ist unbedingt nötig, diesen Namen zu verwenden. Jehova ist der einzige Gott und souveräner Herrscher über alles.
- Ein zentrales Thema der Bibel ist die "Streitfrage der universellen Souveränität". Satan, der Teufel und Widersacher Jehovas, erkennt dessen Herrschaft nicht an und bestreitet ihre Rechtmäßigkeit. Die gesamte Menschheitsgeschichte ist davon geprägt.
- Jesus Christus, der Sohn Gottes, herrscht seit dem Jahr 1914 "unsichtbar präsent" als König im Himmel. Dies ergibt sich aus der Interpretation diverser prophetischer Bibeltexte.
- Im Jahre 1919 hat Christus nach einer gründlichen Inspektion aller Religionen die Zeugen Jehovas (damals noch "Bibelforscher" genannt) zu seinen alleinigen Statthaltern auf Erden ernannt. Die Führung der Organisation wird vom heiligen Geist geleitet und hat den Auftrag, als "Sprachrohr Gottes" die Wahrheit zu verbreiten. Ausnahmslos alle anderen Religionen sind falsch und werden von Gott verachtet; ihre Vernichtung steht kurz bevor. Ökumene mit anderen christlichen Gruppen ist daher unerwünscht.
- Es genügt ausdrücklich nicht, sich nur an die Bibel zu halten. Die Menschen müssen sich den Zeugen Jehovas anschließen und dem "treuen und verständigen Sklaven" (= der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas) gehorchen, um die Bibel richtig zu verstehen und Gott richtig zu dienen. Wer die Bibel allein, ohne Anleitung und außerhalb der Organisation liest, läuft Gefahr, die falschen Lehren und Praktiken der anderen Religionen anzunehmen.
- Die Erde wird derzeit noch von Satan und seinen Dämonen beherrscht, die ganz besonders gegen Gottes wahre Anbeter wüten. Im wesentlichen steht jeder, der kein Zeuge Jehovas ist, unter dem Einfluss Satans. Zeugen Jehovas sollten daher ihren Kontakt zur "Welt" (d.h. allen Nichtmitgliedern) gering halten; enge Freundschaften zu Ungläubigen sind zu vermeiden.
- Das Ende der Welt in ihrer derzeitigen Form ist sehr nah: "Harmagedon". Wir befinden uns in den allerletzten Tagen vor der großen Schlacht zwischen Gott und Satan, bei der Christus das Böse besiegen und alle "bösen Menschen" (nicht aber die Erde als solche) vernichten wird.
Nur gute Mitglieder der Zeugen Jehovas haben eine Chance, dieses gigantische Massaker zu überleben. Atheisten und Anhänger "falscher Religion" – egal ob christlich oder nicht, egal ob Kind oder Erwachsener – können nicht damit rechnen, verschont zu werden. Jehova wird jedoch nach seinem Gutdünken auch "ungläubige" Menschen auferstehen lassen, die schon vor Harmageddon gestorben sind. Diese bekommen damit eine zweite Chance, um sich für oder gegen Gott zu entscheiden.
1000 Jahre nach dieser Schlacht gibt es eine letzte Prüfung (Satan und die Dämonen werden noch einmal auf die Menschheit losgelassen), dann wird das Böse und seine Anhänger endgültig und restlos vernichtet.
Die Erde wird danach zum Paradies, in dem die Überlebenden von Harmagedon und Tausendjahrherrschaft ewig leben. - Nur exakt 144000 Menschen, sogenannte "gesalbte Christen", kommen in den Himmel. Die meisten dieser Plätze sind bereits vergeben, es leben nur noch wenige Gesalbte (der "Überrest").
- Der Mensch hat keine unsterbliche, vom Körper zu trennende Seele: der Tod bedeutet einfach Nicht-Sein, daher gibt es auch keine Hölle. Wiederauferstehung von Toten ist aber trotzdem möglich.
- Das Kreuz ist ein heidnisches Symbol und wird daher abgelehnt. Jesus Christus wurde laut den Zeugen Jehovas nicht gekreuzigt, sondern an einen Pfahl gebunden.
- Jesus ist nicht selbst Gott, sondern ein von Gott geschaffenes Wesen (identisch mit dem Erzengel Michael). Er soll nicht angebetet werden.
- Die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes (Vater-Sohn-Heiliger Geist) wird abgelehnt. Der heilige Geist ist als eine Art von Kraft zu verstehen, mit der Jehova wirkt.
- Das Feiern von Geburtstagen, Weihnachten und diversen anderen Feiertagen (Ostern, Muttertag, Halloween usw.) ist gegen den Willen Gottes. In den meisten Fällen ist die Begründung, dass es sich um verkappte heidnische Gebräuche handelt. Hochzeitstage dürfen aber gefeiert werden, auch andere "weltliche" Feiern (z.B. Schulabschluss) sind nicht zwingend verpönt.
- Die Menschheit ist nur etwa 6000 Jahre alt, die Erde wahrscheinlich viel älter. Evolution als Mechanismus der Artentstehung wird bestritten: Gott hat alle Grundformen von Lebewesen vorgegeben, kleine Variationen gibt es nur innerhalb dieser festgelegten Artgrenzen. Die Zeugen Jehovas sind somit eine Form von Langzeit-Kreationisten, lehnen allerdings den Begriff "Kreationisten" für sich selbst ab.
- Blut darf nicht zur Nahrung aufgenommen werden. Im Gegensatz etwa zu orthodoxen Juden wird aber kein spezieller Aufwand betrieben, um Fleisch besonders sorgfältig ausbluten zu lassen - im täglichen Leben bedeutet das somit den Verzicht auf Dinge wie Blutwurst, sonst kann jedes gängige Fleischprodukt (samt Blutresten) gegessen werden.
- Bluttransfusionen (und Blutspenden) sind verboten. Diese Regelung ist allerdings viel komplizierter und de facto weniger streng, als sie nach außen hin dargestellt wird: viele Blutkomponenten, viele blutbasierte Therapien, Blutersatzprodukte auf Basis von tierischem Hämoglobin, sowie Knochenmarkstransplantationen gelten nämlich als akzeptabel ("persönliche Gewissensentscheidung"). Die derzeitige Haltung sieht vor, dass die sogenannten "Hauptbestandteile" des Blutes generell verboten sind, deren Bestandteile wiederum erlaubt: so ist etwa die Transfusion von ganzen roten Blutkörperchen verboten, die Transfusion von Hämoglobin jedoch nicht.
Verbote erstrecken sich grundsätzlich auch auf gelagertes Eigenblut, die Eigenblutvorsorge vor Operationen ist somit ebenfalls nicht erlaubt. Genauere Erläuterungen mit ausführlichen Quellenangaben gibt es bei Wikipedia. - Militärdienst ist verboten. Das Ausüben alternativer Dienste ("Zivildienst") ist jedoch seit 1996 erlaubt.
- Beteiligung am politischen Leben – etwa Ausübung des Wahlrechts, Mitarbeit bei Parteien oder anderen politischen Organisationen - ist verboten. Solche Tätigkeiten werden als Verlassen der Gruppe gedeutet. Zum Thema Wahlen deutet sich eine symbolische Lockerung des Verbots an (der Gang zur Wahl an sich ist nicht verboten).
Trotz des generellen Verbots der Mitgliedschaft in politischen Organisationen dürfen die Zeugen der Gewerkschaft beitreten, solange sie dort keine politische Funktion bekleiden. - Tabak- und Drogenkonsum in jeglicher Form ist verboten. Alkohol ist (in Maßen) erlaubt.
- Ausüben von Sexualität außerhalb der Ehe ist verboten (das schließt auch Selbstbefriedigung und Petting ein). Ausüben von Homosexualität ist ausnahmslos verboten.
- Ehescheidung ist nur bei sexueller Untreue akzeptabel. In anderen Fällen (etwa Gewalt) ist zwar die Trennung, jedoch keine Scheidung mit der Möglichkeit zur neuerlichen Eheschließung erlaubt.
Ehen sind grundsätzlich innerhalb der Zeugen Jehovas zu schließen. Siehe dazu auch Zwischenmenschliches. - Ehemalige Mitglieder der Zeugen – egal, ob sie freiwillig ausgestiegen oder exkommuniziert sind – gelten als "geistige Gefahr" und müssen strikt gemieden werden. Nachdem in der Versammlung der Ausschluss bzw. Austritt eines Mitglieds bekannt gegeben wurde (dies geschieht stets ohne Angabe der Gründe oder sonstige Erklärungen), müssen alle sozialen Kontakte mit ihm abgebrochen werden; nicht einmal ein Grußwort soll zu Abtrünnigen gesprochen werden. Nur bei Familienmitgliedern im gemeinsamen Haushalt ist dies entschärft.
Bemerkenswert ist, dass die Glaubensgrundsätze der Zeugen sich über die Jahrzehnte hinweg drastisch verändert haben. Manche der Lehren wurden mehrmals abwechselnd als falsch verworfen und dann einige Jahre später wieder "neu entdeckt". Begründet wird das offiziell damit, dass Gott angeblich die Wahrheit nur langsam und schrittweise enthüllt ("das Licht wird heller"). Dafür wurde der Begriff present truth (gegenwärtige Wahrheit) geprägt: dieser durch die Führung verkündeten aktuellen Doktrin hat der einzelne Zeuge unbedingt zu gehorchen.
Ein Beispiel aus der Praxis: ein junger Mann entschließt sich im Jahr 1995, gegen die aktuellen Lehren, Zivildienst zu leisten und wird dafür ausgeschlossen. Ein Jahr später erklärt die Führung der Zeugen Jehovas den Zivildienst für akzeptabel. Der sogenannte "Abtrünnige" wird jedoch nicht ohne weiteres wieder aufgenommen, war er doch gegen Gottes Organisation ungehorsam. Diese Sünde muss erst angemessen tätig bereut werden, was stark vom Gutdünken der Ältesten abhängt und sich über Monate, sogar Jahre ziehen kann. Innerhalb dieser Zeit gilt die oben beschriebene Ächtung durch alle anderen Mitglieder.
Viele Regeln werden auf sprachlich indirekte Weise vermittelt. Es gibt selten direkte Verbote im Wortlaut wie "Zeugen Jehovas dürfen nicht...". Stattdessen werden oft Formulierungen wie die folgenden verwendet: "ein echter Christ würde niemals..." oder "einige Christen würden nicht..." oder "es wäre sehr unklug...", oft auch suggestive Fragen in der Art "wollen wir das wirklich?" oder "kann ein Christ dies mit seinem geschulten Gewissen vereinbaren?". Was sich für einen Außenstehenden wie eine unverbindliche Empfehlung anhört, ist für den geschulten Zeugen klar als verbindliche Regel erkennbar.
Ein Beispiel aus der Praxis: ein junger Mann entschließt sich im Jahr 1995, gegen die aktuellen Lehren, Zivildienst zu leisten und wird dafür ausgeschlossen. Ein Jahr später erklärt die Führung der Zeugen Jehovas den Zivildienst für akzeptabel. Der sogenannte "Abtrünnige" wird jedoch nicht ohne weiteres wieder aufgenommen, war er doch gegen Gottes Organisation ungehorsam. Diese Sünde muss erst angemessen tätig bereut werden, was stark vom Gutdünken der Ältesten abhängt und sich über Monate, sogar Jahre ziehen kann. Innerhalb dieser Zeit gilt die oben beschriebene Ächtung durch alle anderen Mitglieder.
Viele Regeln werden auf sprachlich indirekte Weise vermittelt. Es gibt selten direkte Verbote im Wortlaut wie "Zeugen Jehovas dürfen nicht...". Stattdessen werden oft Formulierungen wie die folgenden verwendet: "ein echter Christ würde niemals..." oder "einige Christen würden nicht..." oder "es wäre sehr unklug...", oft auch suggestive Fragen in der Art "wollen wir das wirklich?" oder "kann ein Christ dies mit seinem geschulten Gewissen vereinbaren?". Was sich für einen Außenstehenden wie eine unverbindliche Empfehlung anhört, ist für den geschulten Zeugen klar als verbindliche Regel erkennbar.